Schreiben kann eine einsame Sache sein, muss es aber nicht.
Oft wirft die fehlende Resonanz auf den geschriebenen Text viele Fragen auf: Ist es gut, was ich da schreibe? Nützt es jemandem? Will das überhaupt jemand lesen? Ist es nicht schon tausendmal geschrieben worden? Wie kann ich in meinem Schreiben besser werden? Warum schreibe ich überhaupt? „Wer bin ich als AutorIn?“
Und deshalb gibt es die Ulmer AutorInnen. Wir sind ein Zusammenschluss schreibender Menschen aus Ulm und darüber hinaus.
Jeden 1. Freitag im Monat treffen wir uns um 18:30h im Raum "Denkfabrik" (3.Stock) in der Familienbildungsstätte in Ulm zu unseren sogenannten WERKSTATTGESPRÄCHEN.
Zu Beginn dieser Werkstattgespräche geht es kurz um Organisatorisches aus dem aktuellen Vereinsleben. Dann aber geht es vor allem um das geschriebene Wort. Mehrere AutorInnen haben die Möglichkeit Texte vorzutragen. Diese werden durch die Anwesenden kritisch hinterfragt und es werden konstruktive Vorschläge zur Überarbeitung und Gestaltung angeboten. Ziel hierbei ist, die Freude am Schreiben zu fördern und den eigenen Schreibstil weiter zu entwickeln.
Ganz wichtig und einen hohen Stellenwert haben die organisierten Lesungen, bei denen wir unsere Texte einem Publikum präsentieren. Diese Lesungen finden an unterschiedlichsten Orten statt (Buchhandlungen, Museen, Stadthaus, Wilhelmsburg, Gefängnis, im Rahmen der Kulturnacht, etc.). Jedes Mal sind dieses Lesungen eine tolle Erfahrung, bei denen es zu interessanten Begegnungen und Gesprächen kommt.
Darüber hinaus bieten wir für unsere Mitglieder jedes Jahr einen mehrtägigen Workshop mit kompetenten ReferentInnen zu Lyrik oder Prosa oder aber zur Verbesserung der Vorlesetechnik an. Alle paar Jahre geben wir vom Verein eine Anthologie mit neuen Texten heraus.
Mit guten Impulsen und einem herzlichen Dankeschön verabschiedeten wir (Armin Grieser, Doris Tremp, Elisabeth Hannak, Katja Sander und Sabine Schuler) Jutta Weber-Bock am Sonntag, 26.1.25 um 16:00 Uhr.
An den vergangenen beiden Tagen brachte sie uns mit dem
„Ich und die Anderen“ und mit der „Balance zwischen Nähe und Ferne“ eine interessante Sicht auf unser Schreiben nahe.
Dazu stellte sie uns folgende Fragen:
Wie können wir als Autorinnen und Autoren beim Schreiben zunächst unsere eigene Stimme finden und dann mit einer anderen oder sogar mit mehreren anderen Stimmen sprechen, wenn wir erzählen?
Es ging dabei weniger um die wörtliche Rede der Figuren, sondern um das Wechselspiel zwischen Autor*innenstimme und Erzählerstimmen, sowie um die Autor*innenstimme im Spiegel der Erzählerstimmen.
Unter Juttas Anleitung entwickelten wir mehrere Point-of-View-Charaktere, ließen diese erzählen und einen roten Faden auslegen.
Spannend war es, welche Figuren wir anhand von zufällig gezogenen Bildkarten „erschufen“. Diese Figuren begleiteten uns den ganzen Samstag. Nachdem wir ihnen Leben „eingehaucht“ hatten, scharten sich drei Personen um sie. Es handelte sich zunächst um einen Freund, eine „offizielle“ Person und einen Nachbarn. Später kam „ein Scheusal“ hinzu.
Die Aufgabe und gleichzeitige Herausforderung bestand darin, diese Personen mit ihrer Erzählstimme sprechen zu lassen.
Das rote Wollknäuel, das vor jedem lag, erinnerte uns daran den roten Faden in den Texten nicht aus den Augen zu verlieren. So entstanden fünf Geschichten, die wir gemeinsam intensiv analysierten.
Jutta verstand es charmant und geduldig uns mit vielen Beispielen, Schreibimpulsen und -aufgaben den Unterschied zwischen der eigenen Autor*innenstimme und der Erzählerstimme nahezubringen.
Wir merkten gar nicht wie schnell die Zeit verging.
Noch lange ließen wir am Samstagabend beim Abendessen in den „Drei Kannen“ den Tag Revue passieren und waren voller Vorfreude auf den nächsten. Welche Aufgaben würde Jutta für uns haben?
Am Sonntag befassten wir uns dann mit eigenen unveröffentlichten Kurzprosaschriften, die vorab allen zugeschickt wurden.
Auf der Grundlage der Erkenntnis vom Vortag diskutierten wir zunächst diese Texte. Dann fokussierten wir uns auf den Spannungsbogen und den Plot und suchten in den Geschichten den roten Faden. Dabei halfen uns auch die sechs W-Fragen, die da sind: wer, was, wo, wann, wie und warum.
Eine gute Geschichte braucht Personen, Schauplätze und mindestens einen Konflikt.
Dass für deren Betrachtung auch eine „Maus“ eine wesentliche Rolle spielt, war für manche der Anwesenden neu. Seit diesem Workshop aber wissen wir, dass für die Analyse und den Aufbau eines spannenden Textes „die dramatische Maus“ von großer Bedeutung ist.
Ebenso war für manche von uns die Erkenntnis neu, eine Geschichte von Ende her zu gestalten, um sie dann von Beginn an, am roten Faden entlang, interessant und spannend erzählen zu können. Auch hierbei kommt der oben genannte „Maus“ eine wertvolle Rolle zu.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wir durch Jutta Weber-Bock tiefe und intensive Einblicke in und neue Ansätze für das kreative Schreiben allgemein erworben haben. Im Besonderen aber auch für unsere eigenen (mitgebrachten) Geschichten erhielten wir an diesem Wochenende sachkundige Tipps, u.a. wie wir die unterschiedlichen (Erzähl-) Stimmen richtig anwenden.
All diese Erfahrungen wollen wir mitnehmen, sie beherzigen und für weitere Texte handhaben. Die kleinen roten Wollknäuel, die Jutta jedem mitgab, sollen uns darüber hinaus daran erinnern, den roten Faden auszulegen bzw. weiter zu spinnen.
Mein nochmaliger Dank gilt neben unserer sachkundigen Moderatorin Jutta, meinen Mitstreiter*innen:
Armin, Doris, Katja und Sabine.
Ich fand wir waren eine tolle Truppe.
Herzlichst
Elisabeth
26.Januar 2025